PROJEKTREPOTAGE

Kjøita Secret Garden, Kristiansand

ARK.NET, Kristiansand

Die Anlage Kjøita Secret Garden besteht aus vier- bis sechsgeschossigen Baukörpern mit insgesamt 140 Wohnungen.

Verstecktes am Skagerrak

  • Autor: Michael Kasiske
  • Fotos: Jon Petter Thorsen, Otto Wöhr GmbH

Im Osten von Kristiansand, der Hauptstadt des norwegischen Sørlandet, wird seit zwanzig Jahren ein neues Wohn- und Büroquartier entwickelt. Auf dem ehemaligen Sägemühlenareal am Fluss Otra entsteht ein Stadtteil, der einen hohen Freizeitwert hat und dennoch nur einen kurzen Fußweg von der lebendigen Innenstadt entfernt liegt. Mit dem Projekt „Kjøita Secret Garden“ ist die Bebauung nun vollendet. Seinen Namen leiteten die Architekten ARK.NET von einem Freiraumtypus der Renaissance ab – und dadurch bekam das Vorhaben unerwartet einen berühmten Paten.

Kristiansand

Das Projekt Kjøita Secret Garden liegt auf einer Insel in Kristiansand. Die Wohnungen der oberen Geschosse bieten einen tollen Blick auf den nahe gelegenen Fluss Otra.

In Norwegen weiß jeder, wer Rolf Løvland ist. In der Musikszene ist der Komponist und Texter auch über die Landesgrenzen bekannt, schließlich gewann er mit seinen Werken 1985 und 1996 den Eurovision Song Contest, zuletzt mit der Band „Secret Garden“, die er zusammen mit der Violinistin Fionnuala Sherry bildet. Als Løvland das namensgleiche Projekt in Kristiansand vorgestellt wurde, war er so eingenommen, dass er Kjøita Secret Garden einen Auftritt in der örtlichen Konzerthalle Kilden widmete. Eine Aufsehen erregende Werbung, die ein großes Interesse nach sich zog.

Zunächst war „Kjøita Park“ der Titel des Beitrags, den das Büro ARK.NET zum Wettbewerb 2011 einreichte. Veidekke, die auch als Projektentwickler tätige größte Bauunternehmung des Landes, wollte seinerzeit der städtebaulichen Entwicklung eine neue Richtung geben. Denn die Nachfrage hatte sich in den Jahren der Konversion vom Gewerbegebiet zu einem Stadtquartier von Büroflächen zu Wohnungen verschoben. Das mag nicht zuletzt an der Attraktivität der Otra liegen, die – wie der gesamte Fjord – von den Verschmutzungen früherer Industrien gereinigt worden war, so dass man heute zuweilen wieder die Lachse springen sehen kann. Das Wasser hat Badequalität, was auch für das von einem Kanal umsäumte Quartier von Bedeutung ist.

Kristiansand

Unter dem Innenhof befindet sich die ca. 8.000 Quadratmeter große Tiefgarage mit 250 Parkplätzen.

Für die „Insel“ sollte eine höhere Dichte erreicht werden – die dreistöckige Bebauung der Anfangszeit erschien wenig urban. Doch ein erster Entwurf scheiterte, weil er sich an eine innerstädtischen Bebauung orientierte – die kompakt organisierten Wohnungen mit kleinen Balkonen fielen auf dem lokalen Markt durch. Der aus dem anschließenden Wettbewerb siegreich hervorgegangene Bebauungsvorschlag sah differenzierte Baukörper vor, zum einen in der Höhe von vier bis sechs Geschossen, zum anderen in der Verteilung auf vier unterschiedlich ausgebildete Zeilen, die zusammen einen Block bilden.

Schnitt durch den begrünten Innenhof der Anlage.

„Für die Bewohner der unteren Geschosse wird mit dem von außen nichteinsehbaren Innenhof – der geheime Garten – ein eigener Freiraum geschaffen.“

Die in den sogenannten Brücken-, Kanal- und Parkgebäuden liegenden 140 Wohnungen zeichnen sich durch offene flurlose Grundrisse aus, die nach zwei Seiten orientiert sind; große Fensterflächen und die Ausstattung mit zwei Bädern sind ebenfalls Merkmale des Komforts. Des Weiteren schufen die Architekten mit zwei geräumigen Balkonen, jeweils nach außen und nach innen zum Hof, eine überzeugende Beziehung zwischen Wohn- und Freiraum, wobei ein Augenmerk darauf lag, die privaten Außenbereiche untereinander störungsfrei zu gestalten. Die Wohnungen im sechsten Geschoss haben von ihren großen Terrassen nicht nur einen atemberaubenden Blick auf die Otra und den Skagerrak, sie sind von begrünten Dachflächen umgeben, die auch der verzögerten Versickerung bei großen Regenfällen dienen.

von links nach rechts: Janicke Jebsen Vinje, Ole Dolva, Jan Løvdahl und Erik Asbjørnsen.

Seitdem wir im Jahr 2011 den Wettbewerb gewonnen haben, sind wir auf der Insel an der Otra tätig. Zuerst haben wir das Wohnhaus „Kjøita Zenit“ direkt am Ufer realisiert, danach folgte die Anlage Kjøita Secret Garden. Als in Kristiansand ansässiges und fast ausschließlich vor Ort tätiges Büro kennen wir die Anforderungen hiesiger Einwohner an ihre Wohnungen recht gut und konnten dem Bauträger dementsprechende Vorschläge unterbreiten. Wie etwa durchgesteckte Wohnungen mit Balkonen zu jeder Seite, denn die Menschen im Süden Norwegens möchten in ihren privaten Freiräumen so viel Licht wie möglich. Dafür haben wir eigens den Tagesverlauf der Sonne analysiert und mit den Bauvolumina entsprechend reagiert. Selbstverständlich erwarten die neuen Bewohner auch ihre Automobile bequem abstellen zu können, wofür eine geräumige Tiefgarage zur Verfügung gestellt wurde. Die Vermarktung hat inzwischen bewiesen, dass unser Konzept die gegenwärtigen Vorstellungen vom komfortablen Wohnen genau getroffen hat.

Erik Asbjørnsen, Kristiansand

Für die Bewohner der unteren Geschosse ohne Blick auf den Fluss wird mit dem von außen nicht einsehbaren Innenhof – der geheime Garten – ein eigener Freiraum geschaffen. Er ist zwar öffentlich zugänglich, wird aber durch Hecken, Lauben zum Sitzen sowie Felder für Boccia- und Schachspiele kleinteilig und intim zoniert. Diese Gestaltung ist ein Tribut an die Käufer, die in der Regel zwischen 50 und 60 Jahre alt sind und nach dem Fortzug der Kinder ihre Eigenheime aufgeben, um zukünftig frei von den Belangen eines eigenen Hauses mit Garten zu leben und stattdessen etwa mehr zu verreisen.

Die Plattformen des Parksystems sind sichtbar hinter Glasscheiben in der Tiefgarage angeordnet.

Bereits vor der Fertigstellung bis auf zwei Einheiten komplett verkauft, ist Kjøita Secret Garden zu einem der populärsten Projekte in Kristiansand avanciert. Dazu hat auch die Parkraumversorgung beigetragen. Durch die staatliche Förderung der umweltfreundlichen Elektroautos – diese sind von Mehrwertund Kraftfahrzeugsteuer befreit, dürfen frei parken und in der Stadt die Busspuren benutzen – hat sich der Bedarf an Parkplätzen erheblich erhöht. Inzwischen besitzen viele Norweger zwei Autos: Ein konventionell betriebenes für lange Strecken und Transporte sowie ein elektrisches für den Stadtverkehr. Deshalb wurde eine rund 8.000 Quadratmeter große Tiefgarage unter dem Garten angelegt, die 250 Parkplätze für die Bewohner und für die Büros im Kontorgebäude bereitstellt.

“Im Parksystem werden zahlreiche Plattformen mit Ladestationen ausgestattet sein, so dass auch Elektroautos im System geparkt werden können.”

Lageplan Kjøita Secret Garden

Im Parksystem befinden sich auf den Plattformen Ladestationen für die in Norwegen weitverbreiteten Elektroautos.

Bedingt durch den wegen des nahen Flusses hohen Grundwasserspiegel wäre der Bau eines zweiten Tiefgeschosses sehr teuer geworden. Man entschied deshalb, nur in der Mitte eine Art rechteckige Grube zu betonieren und diese effizient mit einem Parksystem zu bewirtschaften. Hier sind zahlreiche Plattformen mit Ladestationen ausgestattet und so dimensioniert, dass auch schwere Elektroautos wie die der in Norwegen beliebten Marke Tesla im System geparkt werden können. Die Plattformen des Parksystems sind sichtbar hinter Glasscheiben in der Tiefgarage angeordnet. Darüber hinaus werden zusätzlich konventionelle Parkplätze angeboten.

Mit der Wöhr App wird das Smartphone zur Fernbedienung für das Parksystem: Der Stellplatz wird angewählt und das Tor öffnet sich automatisch.

Mit der zwischen Siedlung und Stadtblock changierenden Anlage ist das Quartier bald vollendet. Als krönenden Abschluss will Rolf Løvland mit Secret Garden am 2. September, wenn die ersten Aparments bezogen sein werden, ein Konzert im Garten geben. Eine solche House-Warming-Party, das ist gewiss, such nicht nur in Kristansand ihresgleichen.

Architekten

ARK.NET, Kristiansand
Projektpartner: Erik Asbjørnsen und Janicke Jebsen Vinje
Projektarchitektin Kjøita Secret Garden: Maren Spilling
www.ark-net.no, www.eark.no, www.jebsen-vinje.no

ARK.NET setzt sich aus den Büros von Erik Asbjørnsen, Janicke
Jebsen Vinje, Ole Dolva und Jan Løvdahl zusammen. Die vier
Partner haben das Architekturunternehmen für die Übernahme
komplexerer Planungen im Schwerpunkt Wohnungsbau gegründet.
Individuell bearbeiten sie in ihren Büros überschaubare
Aufträge wie Einfamilien- oder Ferienhäuser. Während Asbjørnsen
an der University of Strathclyde in Glasgow und Dolva
an der University of Portsmouth studierten, haben Vinje und
Løvdahl die Arkitekhøyskolen in Oslo besucht. Alle vier Partner
decken das gesamte Leistungsspektrum vom Städtebau über
den Entwurf bis hin zur Detailplanung ab.

Projekte (Auswahl)

2015 Kvartal 2, 180 Apartments
2012 Kjøita Zenit, 32 Apartments
2011 Secret Garden, 140 Apartments und Bürogebäude
2009 Jaktoddveien, 40 Apartments
2008 Aquarama, öffentliches Schwimmbad, Sportstätte, Hotel

Produktinformationen

Wöhr Combilift 542-200/220 für 44 Stellplätze
Komforttyp für 2,6 t Fahrzeuge, Elektrische Glas-Schiebetore, Neues Bedienelement per RFID Chip und Funkfernbedienung, Bedienoption per Smartphone App, Ebene Aluminium Plattform Beläge, Elektroladestation

Weitere Beiträge